Unisonar S6|EP5: Das Verhältnis von Gender und Gesundheit

Welche Rolle spielt das Geschlecht für unsere Gesundheit? Sonja Merten, Professorin am Swiss TPH und Lehrbeauftragte an der ±«²Ô¾±±¹±ð°ù²õ¾±³Ùä³Ù Basel, spricht im Podcast über medizinische Geschlechterungleichheiten, Menstruationsgesundheit und die Bedeutung von Gender in Forschung und Lehre – insbesondere im globalen Süden.
Im Rahmen des Wissenschaftspodcasts der Universität Basel beleuchtet diese Folge die oft übersehenen geschlechtsspezifischen Unterschiede in der medizinischen Versorgung. Prof. Dr. Sonja Merten schildert, wie tief gesellschaftliche Muster in Diagnose und Therapie verankert sind – und welche Konsequenzen das für Patientinnen hat. «Erstaunlich finde ich, dass Frauen weniger gut diagnostiziert werden, bei der Therapie weniger gut ansprechen», sagt sie mit Blick auf häufig verpasste Herzinfarktdiagnosen. Gerade in der Notfallmedizin zeigen sich gravierende Unterschiede zwischen den Geschlechtern – mit lebensbedrohlichen Folgen.
Gender beschreibt nicht nur Identität, sondern wirkt sich konkret auf Krankheit und Gesundheit aus. «Was ist eine Frau? Was ist ein Mann? Welche Berufe üben sie aus?» – Fragen wie diese verdeutlichen, wie soziale Rollenbilder gesundheitliche Risiken beeinflussen. Männer seien häufiger körperlichen Gefahren ausgesetzt, während Frauen oft unter doppelter Belastung durch Beruf und Familie leiden. Das alles spiegele sich letztlich in unterschiedlichen Erkrankungsprofilen wider.
Ungleichheit im globalen Süden
Im globalen Süden zeigt sich, wie unterschiedlich der Zugang zur Gesundheitsversorgung bei den Geschlechtern ist: «Frauen haben dort teilweise keinen Zugang zu Einkommen – und damit auch zu Gesundheitsversorgung.» Gleichzeitig seien sie durch reproduktive Gesundheitsprogramme besser erreicht als Männer, die seltener medizinische Hilfe suchen.
Zwei konkrete Forschungsprojekte befassen sich mit Gebärmutterhalskrebs-Screenings und Menstruationsgesundheit. Beides Themen, die in armutsgeprägten Regionen stark von Stigma, Bildung und Infrastruktur beeinflusst werden.
Menstruation – ein unterschätztes Gesundheitsthema
«Es ist schon erstaunlich, dass man nicht genau hinsieht, ob diese Produkte eigentlich gesundheitsverträglich sind», betont Merten mit Blick auf Menstruationshygieneprodukte. In heissen, feuchten oder wasserarmen Regionen bergen falsch genutzte Produkte gesundheitliche Risiken.
Dennoch gibt es kaum Forschung zu deren Verträglichkeit. Die Stigmatisierung bleibt zudem gross – auch hierzulande: «Wir haben eine sehr verzerrte Wahrnehmung in unserer Gesellschaft, die gewisse Bereiche des weiblichen Körpers nach wie vor tabuisiert.»
Forschung als Treiber für Gleichstellung
Ein Ziel der Wissenschaft sei es, auch gesellschaftliche Impulse zu setzen. Merten sieht Fortschritte, etwa durch Aufklärungsarbeit oder neue Forschungsansätze wie klinische Studien zum vaginalen Mikrobiom in Kamerun und Peru.
Aber sie mahnt: «Ich hoffe, dass wir in zehn bis 15 Jahren nicht mehr das Beispiel bringen müssen, dass ein Herzinfarkt bei einer Frau als Panikattacke fehlgedeutet wird – aber ich befürchte, dass es noch vorkommen wird.» Entscheidend sei eine stärkere Beteiligung von Frauen in Forschung und Lehre, um bisher vernachlässigte Themen wie Menstruation oder Gender Health systematisch zu integrieren.